Irgendwann kommt wohl jedes Regalsystem an einen Punkt, an dem es einfach nicht mehr passt. Vielleicht sind die Anforderungen gewachsen, vielleicht häufen sich kleine Schäden durch Alterungserscheinungen oder die Sicherheit ist nicht mehr auf dem neuesten Stand. Dann stehen viele vor der entscheidenden Frage: Lässt sich das vorhandene System noch sinnvoll durch ein Retrofit anpassen – oder ist ein kompletter Replace, also der Austausch, die bessere Lösung?
Wir sehen uns die Strategien Retrofit oder Replace einmal im Detail an und definieren, wann welche Lösung am besten passt.
Was bedeutet Retrofit und Replace eigentlich?
- Retrofit bedeutet, ein bestehendes Regalsystem durch neue Komponenten oder Technologien zu modernisieren, ohne es dabei komplett zu ersetzen.
- Replace heißt, dass das vorhandene Regalsystem vollständig ausgebaut und durch eine neue Anlage ersetzt wird.
Die Vorteile von Retrofit: Das spricht für eine Nachrüstung
Bei einer Retrofit-Lösung wird das vorhandene Lagersystem durch neue Komponenten, Technologien oder Umbauten aktualisiert. Eben anstatt ein komplett neues Regalsystem zu installieren. Das hat verschiedene Vorteile.
- Kosten sparen: Nachrüstungen sind meist deutlich günstiger als ein kompletter Neubau. Es werden nur die Teile erneuert, die wirklich nötig sind – die vorhandene Struktur bleibt erhalten.
- Kaum Stillstand: Modernisierungen lassen sich oft im laufenden Betrieb oder mit kurzen Pausen umsetzen. Ein kompletter Austausch hingegen bedeutet lange Demontage- und Installationszeiten und damit Störungen im Warenfluss.
- Schnelle Umsetzung: Da auf der vorhandenen Basis gearbeitet wird, ist ein Retrofit meist schneller abgeschlossen. Verbesserungen können Schritt für Schritt erfolgen, ohne das Lager komplett stillzulegen.
- Nachhaltig handeln: Wer vorhandene Strukturen weiter nutzt, spart Rohstoffe und vermeidet Abfall. Zudem senken moderne Komponenten, zum Beispiel effiziente Beleuchtung oder neue Geräte, den Energieverbrauch.
- Zukunftsoffen bleiben: Retrofits machen es möglich, ein Lager nach und nach an neue Anforderungen anzupassen. Automatisierung, neue Software oder moderne Fördersysteme lassen sich in die bestehende Anlage integrieren, ohne von null anfangen zu müssen.
- Weniger Bürokratie: Während ein kompletter Neubau meist neue Genehmigungen und umfangreiche Nachweise erfordert, sind Nachrüstungen innerhalb bestehender Gebäude oft einfacher umzusetzen.
- Sicherheit: Ein Retrofit steigert nicht nur die Effizienz und Nachhaltigkeit, sondern auch die Sicherheit. Moderne Sicherungssysteme, bessere Kennzeichnungen und Sensorik verringern das Unfallrisiko. Gleichzeitig verbessert sich die Ersatzteilversorgung, da aktuelle Systeme leichter zu warten sind.
Wann ist eine Nachrüstung im Lager sinnvoll?
Ist das Lager nicht mehr auf dem neuesten Stand, muss die Lagerhalle nicht gleich abgerissen und neu aufgebaut werden. Häufig lässt sich durch eine gezielte Nachrüstung viel erreichen. Es gibt also einige typische Szenarien, in denen Retrofit die bessere Wahl ist:
- Neue Anforderungen durch das Geschäft: Ändert sich das Auftragsprofil, zum Beispiel durch den E-Commerce-Boom oder eine größere Produktvielfalt, stößt ein altes Regalsystem schnell an seine Grenzen. Mit zusätzlichen Kommissionierebenen, Durchlaufregalen oder Picktürmen lässt sich ein Lager so umbauen, dass es Online-Bestellungen besser abwickeln kann.
- Wachstum und mehr Kapazität: Wenn das Unternehmen wächst, steigt auch der Bedarf an Lagerplätzen. Statt gleich ein neues Lager zu bauen, kann man die vorhandene Anlage verdichten, beispielsweise durch eine doppeltiefe Lagerung oder den Umbau zu Durchlaufregalen. So lassen sich deutlich mehr Paletten auf der gleichen Fläche unterbringen.
- Automatisierung nachrüsten: Technologien wie Warehouse-Management-Systeme, fahrerlose Transportsysteme oder Kommissionier-Roboter lassen sich oft in bestehende Anlagen integrieren. Fördertechnik, Sensoren oder Regalbediengeräte können ebenfalls eingebaut werden, ohne das Lager komplett stillzulegen.
- Raum besser nutzen: Häufig steckt ungenutztes Potenzial im Gebäude. Mit Zwischenböden oder Mezzaninen lassen sich zusätzliche Flächen schaffen, breite Gänge können auf Schmalgang-Technik umgerüstet werden. So wird mehr Lagerdichte aus derselben Halle herausgeholt.
- Kleine Schäden im Griff behalten: Häufige Anfahrschäden durch Stapler oder verbogene Streben bedeuten nicht automatisch das Aus für ein Regalsystem. Solange die Grundstruktur stabil ist, können beschädigte Teile ersetzt und zusätzliche Schutzelemente wie Rammschutz oder Durchschubsicherungen installiert werden. Das verlängert die Lebensdauer und erhöht die Sicherheit.
- Zeit- und Budgetdruck: Wenn schnelle Verbesserungen gefragt sind, aber das Budget begrenzt ist, ist ein Retrofit oft die beste Lösung. Upgrades können Schritt für Schritt umgesetzt und an die Finanzplanung angepasst werden. Dringende Engpässe lassen sich sofort beheben, während größere Investitionen später folgen.
Diese sechs Gründe sprechen für ein Replace
Retrofit oder Replace? Diese sechs Gründe zeigen, dass ein Retrofit nicht mehr sinnvoll ist.
- Schwere Schäden oder starker Verschleiß
Wenn tragende Teile korrodiert, stark beschädigt oder verbogen sind, ist die Statik gefährdet. Rost, Risse in Schweißnähten oder deformierte Bodenplatten mindern die Tragfähigkeit erheblich, vor allem in feuchten oder extremen Umgebungen. Einzelne Teile lassen sich zwar austauschen, doch bei großflächiger Korrosion oder wiederkehrenden Reparaturen ist ein neues System langfristig sicherer und wirtschaftlicher. - Instabilität und Setzungsprobleme
Stehen Regalreihen nicht mehr lotrecht, wackeln sie oder kippen leicht, besteht ein ernstes Risiko. Ursache können ungleichmäßige Bodensetzungen sein, wie sie vor allem in älteren Hallen auftreten. Solche Probleme lassen sich nicht durch einfache Verstärkungen beheben. Dann ist ein Neubau, gegebenenfalls inklusive Bodensanierung, die einzige Lösung. - Überlastete Träger
Durchhängende Fachböden oder verbogene Traversen zeigen, dass die Lastgrenzen überschritten wurden oder das Material ermüdet ist. Das passiert häufig, wenn Lagerbestände gewachsen sind oder schwerere Paletten eingelagert werden. Da hier zentrale Bauteile betroffen sind, reicht eine Nachrüstung nicht aus. Ein Ersatz durch ein leistungsfähigeres Regalsystem sorgt für Sicherheit und Zukunftsfähigkeit. - Nicht mehr normgerecht
Ältere Systeme erfüllen oft nicht die heutigen Vorschriften für Statik, Brandschutz oder Arbeitssicherheit. Fehlen Sicherungsstifte, Ausfachungen oder Anfahrschutze, oder entsprechen Abstände und Höhen nicht den aktuellen Vorgaben, lässt sich dies oft nicht nachrüsten. Wenn Inspektionen gravierende Mängel feststellen, ist ein Neubau nach aktuellem Regelwerk erforderlich. - Unpraktisches Layout und fehlende Erweiterbarkeit
Ein einst passendes Regallayout kann mit der Zeit ineffizient werden: zu breite Gänge, ungenutzte Höhe, fehlende Stellplätze oder mangelnde Automatisierungsfähigkeit. Moderne Systeme sind oft flexibler, nutzen den Raum besser und sind mit Shuttles, Fördertechnik oder automatischen Staplern kompatibel. Ein Austausch kann so nicht nur die aktuelle Situation verbessern, sondern auch zukünftiges Wachstum ermöglichen. - Wirtschaftliche Gründe
Manchmal spricht schlicht die Kosten-Nutzen-Rechnung für einen Ersatz. Wenn Nachrüstungen fast so teuer wären wie eine neue Anlage, lohnt sich der Umstieg auf die neueste Generation. Neue Systeme bieten meist eine höhere Tragfähigkeit, bessere Materialqualität, Hersteller-Service sowie Garantien und sind steuerlich abschreibbar.
Wenn einer oder mehrere dieser Punkte zutreffen, sollte ein kompletter Ersatz unbedingt ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Vor allem die Sicherheit hat immer oberste Priorität. Ein Regalsystem, das instabil oder unsicher geworden ist oder die betrieblichen Anforderungen nicht mehr erfüllen kann, wird zum Risiko für das Unternehmen. In solchen Fällen ist der Replace nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern eine strategische Entscheidung.
Entscheidungsfaktoren: Retrofit vs. Replace
Oft ist nicht auf den ersten Blick eindeutig, welche Option besser ist. Es gilt, individuelle Faktoren abzuwägen:
- Kosten: Retrofit ist günstiger in der Anschaffung, ein Neubau oft über den Lebenszyklus wirtschaftlicher.
- Betriebsunterbrechung: Retrofit lässt den Betrieb meist laufen, ein Neubau bringt längere Stillstandszeiten.
- Substanz: Nur wenn Boden, Gebäude und Regale tragfähig sind, lohnt sich eine Nachrüstung.
- Platz & Layout: Retrofit ist an bestehende Strukturen gebunden, ein Neubau bietet freie Gestaltung und Reserven.
- Wachstum: Wenn bald mehr Kapazität nötig ist, ist ein Neubau oft nachhaltiger.
- Technologie: Moderne Systeme sind automatisierbar und skalierbar – ältere lassen sich nur begrenzt aufrüsten.
- Compliance: Neue Anlagen erfüllen automatisch aktuelle Vorschriften, Retrofit kann vom Bestandsschutz profitieren.
- Nachhaltigkeit: Retrofit schont Ressourcen, ein Neubau kann höchste Effizienz und ESG-Standards erfüllen.
Das bedeutet: Retrofit lohnt sich bei solider Basis und überschaubarem Anpassungsbedarf. Wenn jedoch Substanz, Kapazität, Technik oder Normen an ihre Grenzen stoßen, führt meist kein Weg an einem Replace vorbei.
Spezielle Lagerformen und branchenspezifische Überlegungen
Ob Retrofit oder Neusystem sinnvoll ist, hängt ebenfalls stark von der Lagerart und der Branche ab.
- Kühl- und Tiefkühllager: Die Flächeneffizienz ist entscheidend, da jeder Kubikmeter gekühlt werden muss. Eine Nachrüstung mit mobilen Regalen, Shuttles oder besseren Isolierungen ist meist kostengünstiger als ein Neubau – außer wenn die Gebäudehülle bereits beschädigt ist.
- Mobile Regalanlagen: Die Stahlkonstruktion hält oft jahrzehntelang, während Antriebe, Sensoren und Steuerungen altern. Retrofit spart hier deutlich Kosten und Stillstandszeiten, da der Austausch von Fahrwerken und Elektronik das System modernisiert, ohne einen kompletten Neubau nötig zu machen.
- Automatisierte Hochregallager (AS/RS): Wenn die Struktur stabil genug für Regalbediengeräte, Fördertechnik und Toleranzen ist, lohnt sich ein Retrofit. Sind jedoch Höhe, Bauweise oder Sicherheitsanforderungen unzureichend, führt kein Weg an einem Neubau vorbei.
- Dynamische Branchen: E-Commerce, 3PL-Logistiker oder FMCG-Unternehmen rüsten häufig nach, um flexibel auf neue Warenströme zu reagieren – etwa durch Umkonfiguration von Regalen oder das Hinzufügen von Kommissionierzonen. Ein kompletter Ersatz wird meist nur dann erwogen, wenn der Standort selbst an Wettbewerbsfähigkeit verliert.
- Silolager: Da die Regale zugleich die Gebäudehülle bilden, ist Retrofit hier auf Technik und Förderanlagen beschränkt. Für Kapazitätserweiterungen ist in der Regel ein zusätzliches Silo oder ein Neubau erforderlich.
Fazit: Retrofit oder Replace? Mit Weitsicht entscheiden
Die Frage „Retrofit oder Replace?“ lässt sich also nicht pauschal beantworten. Mit einer systematischen Betrachtung der oben genannten Aspekte finden Sie jedoch zur richtigen Lösung. Retrofit lohnt sich vor allem, wenn die bestehende Anlage noch solide ist und sich mit vertretbarem Aufwand an neue Anforderungen anpassen lässt. Diese Lösung bietet schnelle Ergebnisverbesserungen und schont Ressourcen. Replace hingegen ist die bessere Wahl, wenn Sicherheit oder Effizienz stark in Mitleidenschaft gezogen sind und nur ein Neuanfang nachhaltige Abhilfe schafft. Die sechs genannten Warnsignale sollte kein Verantwortlicher ignorieren, hier geht Betriebssicherheit und Mitarbeiterschutz vor.
In der Praxis ist die Entscheidung dennoch nicht immer leicht. Daher empfiehlt es sich, Expertenrat hinzuzuziehen und mehrere Szenarien durchzuspielen. Bei stow verfolgen wir den Ansatz, maßgeschneiderte Lösungen mit höchster Qualität zu liefern. Dank unserer Erfahrung beurteilen wir, wie sich eine Lösung nahtlos in eine bestehende Infrastruktur integrieren lässt. Ob durch behutsame Modernisierung oder einen vollständigen Neubau. Wichtig ist, dass die Lagerlösung am Ende zu den Geschäftsanforderungen passt, sicher ist und Wachstum ermöglicht. Wenn Sie bei der Frage Retrofit oder Replace professionelle Unterstützung benötigen, sind wir gerne für Sie da.
